Immobilie geerbt - was tun? Die nächsten Schritte nach dem Erbfall
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Der Verlust eines nahen Angehörigen bringt nicht nur emotionale Belastungen mit sich, sondern häufig auch organisatorische und rechtliche Herausforderungen. Besonders dann, wenn Immobilien zum Nachlass gehören, stehen viele Erben vor Fragen, mit denen sie bislang wenig Berührung hatten. Eine geerbte Immobilie bedeutet Verantwortung – sowohl finanziell als auch verwaltungstechnisch – und erfordert oft zeitnah gut überlegte Entscheidungen.
Muss das Erbe angenommen werden? Was passiert, wenn auf dem Haus noch Schulden lasten? Wie läuft die Übertragung im Grundbuch? Und lohnt sich eher eine Vermietung oder doch der Verkauf? Nicht zuletzt spielen auch steuerliche Aspekte eine wichtige Rolle, insbesondere bei der Erbschaftsteuer.
In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Schritte nach dem Erbfall notwendig sind, welche Fallstricke es gibt und worauf Sie als Erbe besonders achten sollten. So sind Sie bestmöglich vorbereitet, um fundierte Entscheidungen zu treffen.
Dieser Beitrag dient ausschließlich der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Bei konkreten Fragen wenden Sie sich bitte an einen spezialisierten Rechtsanwalt, Steuerberater oder Notar.
1. Muss ich eine geerbte Immobilie annehmen?
Eine Immobilie zu erben klingt im ersten Moment nach einem wertvollen Vermögenszuwachs. Doch nicht immer ist die Übernahme des Nachlasses automatisch sinnvoll. Bevor Sie aktiv werden, sollten Sie genau prüfen, welche Rechte und Pflichten mit der Erbschaft verbunden sind.
Annahme des Erbes: Automatischer Übergang
Mit dem Tod des Erblassers geht dessen gesamter Nachlass automatisch auf den Erben über. Dies geschieht kraft Gesetzes, ohne dass eine ausdrückliche Annahmeerklärung nötig wäre. Dennoch besteht für den Erben die Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen, wenn er es nicht antreten möchte.
Ausschlagung: Fristen und Formvorschriften
Möchten Sie die Erbschaft nicht annehmen, müssen Sie dies aktiv erklären. Die Frist dafür beträgt in der Regel sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, an dem Sie vom Erbfall und Ihrer Erbenstellung Kenntnis erlangt haben. Befand sich der Erblasser zuletzt im Ausland oder wohnen Sie selbst dort, verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Die Ausschlagung muss persönlich beim Nachlassgericht erklärt oder notariell beglaubigt werden. Nach Fristablauf gilt das Erbe als angenommen – auch dann, wenn keine ausdrückliche Annahmeerklärung erfolgt ist.
Keine Teilausschlagung möglich
Wichtig ist: Die Ausschlagung gilt stets für den gesamten Nachlass. Es ist nicht möglich, nur bestimmte Vermögenswerte – beispielsweise die Immobilie – zu übernehmen und andere Teile wie etwa Schulden auszuschließen. Mit der Annahme übernehmen Sie sämtliche Rechte und Verpflichtungen des Erblassers.
Annahme durch eigenes Handeln
Bereits einzelne Handlungen im Zusammenhang mit dem Nachlass können als stillschweigende Annahme gewertet werden. Dazu zählen etwa das Bezahlen von Nachlassschulden, die Verwaltung der Immobilie oder die Instandhaltung des geerbten Hauses. Wer also frühzeitig aktiv wird, riskiert möglicherweise eine ungewollte Erbschaftsannahme.
Eine fundierte Entscheidung über Annahme oder Ausschlagung sollte daher immer nach einer umfassenden Prüfung aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten erfolgen.
2. Was passiert mit Schulden auf dem Haus?

Viele Erben unterschätzen, dass mit einer geerbten Immobilie nicht nur Chancen, sondern auch erhebliche finanzielle Risiken verbunden sein können. Denn die Schulden des Erblassers werden grundsätzlich Teil des Nachlasses.
Gesamtrechtsnachfolge: Schulden gehen automatisch mit über
Mit dem Erbfall übernehmen die Erben sämtliche Verbindlichkeiten des Erblassers. Dazu zählen neben Hypotheken und Grundschulden auch private Darlehen, Steuerforderungen, Bürgschaften und sonstige Schulden. Gläubiger können somit grundsätzlich auf das gesamte Erbenvermögen zugreifen, auch auf die geerbte Immobilie selbst.
Haftung des Erben: Privatvermögen ist grundsätzlich mit betroffen
Erben haften nicht nur mit dem Nachlass, sondern grundsätzlich auch mit ihrem privaten Vermögen. Diese sogenannte unbeschränkte Erbenhaftung gilt ab dem Zeitpunkt der Annahme des Erbes. Nur wer rechtzeitig ausschlägt oder geeignete Schutzmaßnahmen ergreift, kann seine persönliche Haftung begrenzen.
Möglichkeiten zur Haftungsbegrenzung
Erben, die eine Überschuldung des Nachlasses befürchten, haben die Möglichkeit, eine Nachlassverwaltung beim Nachlassgericht zu beantragen. In diesem Fall haften sie nur mit dem Nachlassvermögen. Alternativ kann bei festgestellter Überschuldung auch ein Nachlassinsolvenzverfahren eingeleitet werden, das die Haftung auf den Nachlass beschränkt. Beide Verfahren müssen aktiv und rechtzeitig beantragt werden.
Schulden rechtzeitig prüfen und handeln
Gerade bei Immobilien sollten Erben frühzeitig sämtliche Belastungen ermitteln. Dazu gehören nicht nur Grundbuchbelastungen, sondern auch offene Darlehen, Steuerforderungen und andere Verpflichtungen. Nur so lässt sich das tatsächliche Risiko der Erbschaft realistisch einschätzen und gegebenenfalls rechtzeitig reagieren.
3. Wie läuft die Grundbuchänderung nach dem Erbe?
Nach dem Erbfall ist die Immobilie rechtlich automatisch auf den Erben übergegangen. Im Grundbuch steht jedoch weiterhin der Name des Erblassers. Um die Eigentumsverhältnisse korrekt abzubilden, muss das Grundbuch aktualisiert werden. Diese sogenannte Grundbuchberichtigung sorgt für Rechtssicherheit und ist in vielen Fällen Voraussetzung für weitere Verfügungen über die Immobilie.
Antrag auf Grundbuchberichtigung
Die Grundbuchänderung erfolgt nicht automatisch. Der Erbe muss beim Grundbuchamt einen Antrag auf Berichtigung stellen. Dieser Antrag kann formlos gestellt werden, muss jedoch durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden belegt werden, aus denen sich die Erbfolge ergibt. Hierzu zählen der Erbschein oder ein notarielles Testament samt Eröffnungsprotokoll. Bestehen Zweifel an der Erbfolge, wird in der Praxis häufig der Erbschein verlangt.
Fristen und Gebühren
Für die Berichtigung des Grundbuchs gilt eine Gebührenbefreiung, wenn der Antrag innerhalb von zwei Jahren nach dem Erbfall gestellt wird. Nach Ablauf dieser Frist fallen Kosten nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) an, die sich am Wert der Immobilie orientieren. Es empfiehlt sich daher, den Antrag zeitnah zu stellen, um unnötige Kosten zu vermeiden.
Besondere Konstellationen bei Erbengemeinschaften
Gibt es mehrere Erben, werden alle Miterben gemeinschaftlich als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Dabei entsteht kein Bruchteilseigentum, sondern eine Gesamthandsgemeinschaft. Einzelne Erben können ohne Zustimmung der anderen weder ihren Anteil verkaufen noch alleine über die Immobilie verfügen. Änderungen an der Eigentümerstruktur sind erst nach vollständiger Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft möglich.
Die zeitnahe und korrekte Grundbuchänderung ist nicht nur rechtlich geboten, sondern erleichtert auch spätere Verfügungen über die Immobilie erheblich.
4. Was kostet die Erbschaftsteuer bei Immobilien?

Neben den organisatorischen und rechtlichen Fragen spielt bei einer geerbten Immobilie auch die Erbschaftsteuer eine zentrale Rolle. Die Höhe der Steuer hängt von mehreren Faktoren ab, vor allem vom Wert der Immobilie und vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erblasser und Erben.
Freibeträge und Steuerklassen
Das Erbschaftsteuerrecht sieht Freibeträge vor, die sich am Verwandtschaftsgrad orientieren. Ehegatten steht ein Freibetrag von 500.000 Euro zu, Kindern 400.000 Euro, Enkeln 200.000 Euro. Für entferntere Verwandte und Dritte beträgt der Freibetrag lediglich 20.000 Euro. Nur der darüber hinausgehende Wert wird besteuert. Die Steuerhöhe richtet sich dann nach der jeweiligen Steuerklasse. Ehegatten und Kinder profitieren von günstigen Steuersätzen zwischen 7 und 30 Prozent, während bei entfernteren Verwandten und nicht verwandten Personen Steuersätze von bis zu 50 Prozent greifen.
Bewertung der Immobilie
Für die Besteuerung wird der Verkehrswert der Immobilie herangezogen. Dieser wird vom Finanzamt auf Grundlage der gesetzlichen Bewertungsverfahren ermittelt. Bei selbst genutzten Immobilien kommt häufig das Vergleichswertverfahren zum Einsatz, bei vermieteten Objekten das Ertragswertverfahren. In Einzelfällen wird das Sachwertverfahren angewandt, insbesondere bei Sonderimmobilien. Grundlage der Bewertung sind dabei aktuelle Marktdaten und Vergleichsobjekte.
Steuerbefreiung bei Eigennutzung
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die geerbte Immobilie vollständig von der Erbschaftsteuer befreit werden. Dies gilt beispielsweise, wenn der Ehepartner oder ein Kind die Immobilie selbst bewohnt und die Nutzung mindestens zehn Jahre aufrechterhält. Dabei gelten für Kinder bestimmte Wohnflächenobergrenzen, aktuell maximal 200 Quadratmeter. Wird die Eigennutzung innerhalb der Frist freiwillig beendet, entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend.
Die korrekte Berechnung der Erbschaftsteuer bei Immobilien erfordert genaue Kenntnisse der Bewertungsverfahren und der gesetzlichen Freibeträge. Eine frühzeitige steuerliche Beratung kann helfen, unnötige Steuerbelastungen zu vermeiden.
5. Wann lohnt sich ein Verkauf statt Vermietung?
Die Entscheidung, ob eine geerbte Immobilie verkauft oder langfristig vermietet werden soll, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Zunächst steht häufig die persönliche Situation des Erben im Mittelpunkt. Wer selbst keine Erfahrung mit der Vermietung von Immobilien hat oder beruflich stark eingespannt ist, wird sich mit dem Gedanken an eine zusätzliche Verwaltungsaufgabe möglicherweise schwertun. Neben der zeitlichen Belastung spielen aber auch wirtschaftliche Überlegungen eine entscheidende Rolle.
Ein zentrales Kriterium ist der Zustand der Immobilie. Sanierungsbedürftige Objekte erfordern oft hohe Investitionen, bevor sie sich wirtschaftlich sinnvoll vermieten lassen. Gleichzeitig ist der Standort der Immobilie zu bewerten: In Regionen mit hoher Nachfrage nach Wohnraum lassen sich Mietobjekte oft zuverlässig bewirtschaften. In strukturschwächeren Gegenden kann dagegen ein langfristiges Leerstandsrisiko entstehen.
Auch steuerliche Aspekte dürfen nicht außer Acht gelassen werden. So bleibt ein Verkauf innerhalb der sogenannten Spekulationsfrist von zehn Jahren nach dem Erwerb steuerpflichtig, wenn die Immobilie nicht selbst genutzt wurde. Bei einer geerbten Immobilie wird dabei jedoch auf den ursprünglichen Anschaffungszeitpunkt des Erblassers abgestellt. Wurde das Haus bereits vor mehr als zehn Jahren erworben, ist ein Verkauf häufig steuerfrei möglich.
Zusätzlich sollten die laufenden Kosten einer Vermietung berücksichtigt werden. Neben Instandhaltung, Verwaltung und möglichen Mietausfällen entstehen auch rechtliche Risiken durch schwierige Mieter oder längere Streitigkeiten bei Kündigungen und Räumungen. Wer nicht bereit ist, diese Verpflichtungen dauerhaft zu tragen, sollte den Verkauf als ernsthafte Option prüfen.
Letztlich erfordert die Entscheidung eine nüchterne Bestandsaufnahme: Welche Rendite ist langfristig erzielbar? Welcher Verwaltungsaufwand kommt auf mich zu? Und welche Risiken bin ich bereit zu tragen? Erst nach einer umfassenden Analyse aller Faktoren lässt sich die für den Einzelfall passende Lösung finden.
6. Wie regelt man eine Erbengemeinschaft?

Bei einer Erbengemeinschaft erben mehrere Personen gemeinsam die Immobilie. Anders als viele glauben, entsteht dabei kein Bruchteilseigentum, sondern eine sogenannte Gesamthandsgemeinschaft. Das bedeutet: Kein Miterbe kann alleine über seinen Anteil an der Immobilie verfügen.
Gemeinsame Verwaltung erfordert Einigung
Alle Entscheidungen rund um die Immobilie müssen von sämtlichen Miterben gemeinschaftlich getroffen werden. Dazu zählen beispielsweise Vermietungen, Renovierungen, Verkäufe oder auch die Beauftragung von Hausverwaltungen. Schon bei alltäglichen Verwaltungsmaßnahmen kann es zu Meinungsverschiedenheiten kommen, die das Vorankommen erheblich erschweren. Kommt keine Einigung zustande, bleibt oftmals nur der Gang vor Gericht.
Auflösung der Erbengemeinschaft
Langfristig streben viele Erbengemeinschaften eine Auflösung an, um die Immobilie entweder in das Eigentum eines einzelnen Erben zu überführen oder sie vollständig zu veräußern. Möglich ist dies durch einen sogenannten Auseinandersetzungsvertrag, bei dem sich die Erben auf eine Verteilung des Vermögens einigen. Alternativ kann auch einer der Miterben die anderen auszahlen und alleiniger Eigentümer werden.
Teilungsversteigerung als letzter Ausweg
Scheitert eine einvernehmliche Lösung dauerhaft, bleibt oft nur die gerichtliche Teilungsversteigerung. Hierbei wird die Immobilie öffentlich versteigert und der Erlös unter den Miterben aufgeteilt. Dieses Verfahren ist jedoch häufig mit erheblichen finanziellen Nachteilen verbunden, da die Immobilie selten ihren vollen Marktwert erzielt. Eine frühzeitige einvernehmliche Lösung ist daher in den meisten Fällen die wirtschaftlich bessere Alternative.
Die Verwaltung und Auflösung einer Erbengemeinschaft erfordern nicht nur juristische Kenntnisse, sondern auch ein hohes Maß an Kompromissbereitschaft zwischen den Beteiligten.
7. Fazit
Der Erhalt einer Immobilie im Erbfall bringt neben emotionalen Aspekten zahlreiche rechtliche und finanzielle Fragen mit sich. Von der Annahme des Erbes über die Klärung möglicher Schulden bis hin zu Grundbuchänderungen, Steuerpflichten und der Organisation innerhalb einer Erbengemeinschaft: Jeder Schritt erfordert eine sorgfältige Prüfung und fundierte Entscheidungen. Wer sich frühzeitig informiert und kompetente Unterstützung in Anspruch nimmt, kann Risiken vermeiden und den Erbfall rechtssicher und wirtschaftlich sinnvoll abwickeln.
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