Kündigung wegen Eigenbedarf: So gehen Sie rechtlich sicher vor
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Die Kündigung eines Mietvertrags wegen Eigenbedarfs stellt für viele Vermieter eine große Herausforderung dar. Einerseits bietet das deutsche Mietrecht grundsätzlich die Möglichkeit, Mietverhältnisse zu beenden, wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst, enge Familienangehörige oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Andererseits stellt der Gesetzgeber hohe Anforderungen an die Wirksamkeit einer solchen Kündigung, um die Mieter vor ungerechtfertigten Kündigungen zu schützen.
Schon kleine formale Fehler, unklare Begründungen oder ungenaue Formulierungen können dazu führen, dass die Kündigung unwirksam wird. Zudem spielen Aspekte wie Kündigungsfristen, mögliche Härtefallregelungen zugunsten des Mieters und die genaue Formulierung des Kündigungsschreibens eine entscheidende Rolle. Für Vermieter ist es daher essenziell, alle rechtlichen Vorgaben exakt einzuhalten, um späteren Streitigkeiten vorzubeugen.
In diesem Beitrag erfahren Sie, welche rechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wie Sie eine Eigenbedarfskündigung korrekt aufsetzen und welche Besonderheiten bei Fristen, Härtefällen und Widersprüchen des Mieters zu beachten sind. So können Sie von Anfang an rechtlich sicher und gut vorbereitet vorgehen.
Dieser Beitrag dient ausschließlich der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Bei konkreten Einzelfällen wenden Sie sich bitte an einen Rechtsanwalt, Fachanwalt für Mietrecht oder eine andere qualifizierte Beratungsstelle.
1. Welche Voraussetzungen braucht ein Eigenbedarf?
Der Eigenbedarf ist einer der wenigen gesetzlich anerkannten Kündigungsgründe, die es Vermietern ermöglichen, ein unbefristetes Mietverhältnis zu beenden. Allerdings knüpft das Gesetz diese Möglichkeit an klare und enge Voraussetzungen.
Der wichtigste Grundsatz lautet: Der Vermieter muss die Wohnung für sich selbst, für seine Familienangehörigen oder für Angehörige seines Haushalts benötigen. Hierbei zählt der Gesetzgeber neben dem Vermieter selbst auch dessen Ehepartner, Kinder, Enkel, Eltern und Geschwister zum berechtigten Personenkreis. In Ausnahmefällen können auch weitere enge Bezugspersonen, etwa Pflegepersonen, einbezogen werden, wenn ein besonderes persönliches oder wirtschaftliches Näheverhältnis besteht.
Entscheidend ist, dass der Vermieter oder der begünstigte Angehörige die Wohnung tatsächlich und ernsthaft selbst nutzen möchte. Ein bloßes wirtschaftliches Interesse, etwa die Absicht, höhere Mieteinnahmen durch Neuvermietung zu erzielen, rechtfertigt keinen Eigenbedarf. Auch eine “Vorratskündigung” für mögliche spätere Bedürfnisse ist unzulässig.
Die Nutzungsabsicht muss zum Zeitpunkt der Kündigung konkret bestehen. Dazu gehören nachvollziehbare Gründe wie ein geplanter Umzug, familiäre Veränderungen oder gesundheitliche Notwendigkeiten. Der Eigenbedarf darf nicht vorgeschoben sein, sondern muss objektiv nachvollziehbar und belegbar sein. Gerichte prüfen dabei streng, ob der Eigenbedarf tatsächlich besteht und ob die Kündigung nicht missbräuchlich ausgesprochen wird.
Wer eine Eigenbedarfskündigung plant, sollte daher im Vorfeld genau prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und ob sich der Eigenbedarf im Streitfall auch substantiiert begründen lässt.
2. Wie formuliere ich ein wirksames Kündigungsschreiben?

Die rechtlich wirksame Kündigung wegen Eigenbedarfs setzt nicht nur das Vorliegen eines berechtigten Grundes voraus, sondern auch die korrekte Form und den richtigen Inhalt des Kündigungsschreibens. Schon formale Fehler können zur Unwirksamkeit der Kündigung führen.
Formvorschriften und Zugang
Das Kündigungsschreiben muss schriftlich erfolgen. Eine mündliche Kündigung, eine Kündigung per E-Mail, SMS oder Fax genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht. Das Schreiben muss eigenhändig vom Vermieter unterschrieben sein. Wird die Kündigung durch eine bevollmächtigte Person ausgesprochen, ist dem Schreiben eine Originalvollmacht beizufügen.
Wichtig ist zudem der Zugang der Kündigung beim Mieter. Die Kündigung gilt erst als zugegangen, wenn der Mieter das Schreiben tatsächlich erhalten hat. Aus Beweisgründen empfiehlt sich die persönliche Übergabe gegen Empfangsbestätigung oder die Zustellung per Einwurfeinschreiben.
Inhaltliche Anforderungen an die Begründung
Bei einer Eigenbedarfskündigung besteht eine gesetzliche Begründungspflicht. Diese muss bereits im Kündigungsschreiben selbst erfolgen. Es genügt nicht, pauschal auf Eigenbedarf zu verweisen. Vielmehr müssen die Person, für die die Wohnung benötigt wird, sowie die konkreten Gründe dargelegt werden.
Die Begründung sollte nachvollziehbar darlegen:
- für wen der Eigenbedarf besteht (z. B. Sohn, Tochter, Ehepartner),
- warum dieser die Wohnung benötigt (z. B. Umzug aus beruflichen Gründen, familiäre Veränderungen, gesundheitliche Einschränkungen),
- weshalb die konkrete Wohnung benötigt wird (z. B. Lage, Größe, Zuschnitt der Wohnung).
Die Angaben müssen so konkret sein, dass der Mieter die Erfolgsaussichten eines möglichen Widerspruchs prüfen kann.
Keine nachträgliche Ergänzung von Gründen
Ein häufiger Fehler besteht darin, dass Kündigungen zunächst nur pauschal begründet werden, mit dem Gedanken, fehlende Details später nachzuschieben. Eine nachträgliche Ergänzung oder Ausweitung der Kündigungsgründe ist jedoch grundsätzlich nur eingeschränkt zulässig und kann im Streitfall zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Die Begründung muss daher von Anfang an vollständig und nachvollziehbar sein.
Eine sorgfältige und umfassende Formulierung des Kündigungsschreibens schafft klare Verhältnisse und bildet die Grundlage für die rechtliche Wirksamkeit der Kündigung.
3. Wie lange ist die Kündigungsfrist bei Eigenbedarf?
Die Kündigungsfrist bei einer Eigenbedarfskündigung richtet sich nach der gesetzlichen Kündigungsfrist für Wohnraummietverhältnisse gemäß § 573c BGB. Diese hängt von der Dauer des bestehenden Mietverhältnisses ab und verlängert sich staffelweise mit zunehmender Mietdauer.
Für den Vermieter gelten folgende Kündigungsfristen:
- bis 5 Jahre Mietdauer: 3 Monate Kündigungsfrist,
- mehr als 5 Jahre Mietdauer: 6 Monate Kündigungsfrist,
- mehr als 8 Jahre Mietdauer: 9 Monate Kündigungsfrist.
Maßgeblich für die Berechnung ist der Zeitpunkt, an dem das Mietverhältnis tatsächlich begonnen hat, nicht der Abschluss des Mietvertrags.
Die Kündigung muss dem Mieter spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zugehen, damit dieser Monat noch in die Kündigungsfrist eingerechnet wird. Ein verspäteter Zugang verschiebt den Fristbeginn automatisch um einen weiteren Monat.
Vertraglich können im Mietvertrag grundsätzlich längere Kündigungsfristen vereinbart werden. Kürzere Kündigungsfristen zum Nachteil des Mieters sind dagegen unzulässig.
Die gesetzliche Kündigungsfrist stellt sicher, dass der Mieter ausreichend Zeit hat, sich auf die Beendigung des Mietverhältnisses einzustellen und eine neue Wohnung zu finden. Für den Vermieter bedeutet sie, den Eigenbedarf mit entsprechendem zeitlichem Vorlauf sorgfältig zu planen.
4. Was ist mit Härtefällen des Mieters?

Selbst bei grundsätzlich wirksamem Eigenbedarfsschutz kann der Mieter unter bestimmten Voraussetzungen der Kündigung widersprechen, wenn der Auszug für ihn eine unzumutbare Härte darstellen würde. Diese Möglichkeit ergibt sich aus § 574 BGB und stellt einen wichtigen sozialen Ausgleich im Mietrecht dar.
Unzumutbare Härte: Wann liegt sie vor?
Eine unzumutbare Härte kann sich sowohl aus persönlichen als auch aus wirtschaftlichen Umständen des Mieters ergeben. Zu den häufig anerkannten Gründen gehören etwa:
- hohes Alter und damit verbundene besondere Bindung an die Wohnung,
- schwere Erkrankungen oder Pflegebedürftigkeit,
- Schwangerschaft,
- Schulpflicht von Kindern bei drohenden Schulwechseln,
- mangelnde Erfolgsaussichten, vergleichbaren Ersatzwohnraum zu finden.
Entscheidend ist stets die Abwägung des Einzelfalls. Dabei werden die Interessen des Vermieters am Eigenbedarf den persönlichen Umständen des Mieters gegenübergestellt.
Interessenabwägung durch das Gericht
Kommt es zum Streit, ob ein Härtefall vorliegt, entscheidet im Zweifel das zuständige Amtsgericht. Hier wird umfassend geprüft, ob dem Mieter der Umzug tatsächlich nicht zumutbar ist. Das Gericht berücksichtigt dabei sowohl die persönlichen Belastungen des Mieters als auch die berechtigten Interessen des Vermieters. Diese Einzelfallprüfung führt in der Praxis häufig zu komplizierten und langwierigen Verfahren.
Form und Frist des Widerspruchs
Der Mieter muss seinen Härteeinwand spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses schriftlich gegenüber dem Vermieter erklären. Unterlässt er dies, kann er sich grundsätzlich nicht mehr auf unzumutbare Härte berufen, es sei denn, er war ohne Verschulden an der rechtzeitigen Erklärung gehindert.
Für Vermieter bedeutet dies: Trotz wirksam ausgesprochener Kündigung kann der Eigenbedarf in Härtefällen unter Umständen nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgesetzt werden.
5. Darf ich für Verwandte 2. Grades kündigen?
Nicht nur für den eigenen Wohnbedarf darf der Vermieter Eigenbedarf anmelden, auch für bestimmte Familienangehörige kann dieses Kündigungsrecht geltend gemacht werden. Entscheidend ist dabei, wie nah das Verwandtschaftsverhältnis ist und ob ein tatsächlicher Nutzungswunsch besteht.
Zulässiger Personenkreis nach dem Gesetz
Nach der ständigen Rechtsprechung umfasst der zulässige Kreis der Begünstigten vor allem die engsten Familienangehörigen: Ehepartner, Lebenspartner, Kinder, Eltern, Enkelkinder und Großeltern. Für diese Personen wird das Eigenbedarfsrecht grundsätzlich anerkannt.
Verwandte 2. Grades – also beispielsweise Geschwister, Enkel oder Großeltern – sind ebenfalls umfasst und berechtigen in der Regel zur Eigenbedarfskündigung, sofern der Nutzungswunsch nachvollziehbar begründet werden kann. Hier gelten grundsätzlich dieselben Anforderungen an die Ernsthaftigkeit und Nachvollziehbarkeit des Bedarfs wie bei Eigenbedarf für den Vermieter selbst.
Besonderheiten bei weiter entfernten Verwandten
Für entferntere Angehörige – etwa Onkel, Tanten, Nichten, Neffen oder Cousins – wird Eigenbedarf nur ausnahmsweise anerkannt. Hier verlangen die Gerichte regelmäßig den Nachweis eines engen persönlichen oder wirtschaftlichen Bindungsverhältnisses, das über den bloßen Verwandtschaftsgrad hinausgeht.
Keine pauschale Begünstigung
Wichtig bleibt: Allein der Verwandtschaftsgrad rechtfertigt keinen Eigenbedarf. Der Vermieter muss immer konkret darlegen, weshalb die betreffende Person die Wohnung benötigt, warum gerade diese Wohnung geeignet ist und dass eine tatsächliche Nutzungsabsicht besteht.
Durch diese engen Vorgaben soll sichergestellt werden, dass das Eigenbedarfsrecht nicht missbraucht wird, sondern ausschließlich legitimen Wohnbedürfnissen dient.
6. Was passiert bei Widerspruch des Mieters?

Auch wenn eine Eigenbedarfskündigung formal korrekt ausgesprochen und wirksam begründet wurde, kann der Mieter dennoch Widerspruch einlegen. Dieser Widerspruch unterscheidet sich vom Härteeinwand und betrifft die Fortsetzung des Mietverhältnisses aus sozialen Gründen.
Grundlage des Widerspruchs
Der Widerspruch des Mieters stützt sich auf § 574 BGB. Der Mieter kann geltend machen, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für ihn, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine besondere Härte darstellen würde. Dabei werden sowohl gesundheitliche, soziale als auch wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt, die über die allgemeinen Härtegründe hinausgehen können.
Ablauf des Widerspruchsverfahrens
Der Mieter muss seinen Widerspruch spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses schriftlich erklären. Kommt es zum Verfahren, prüft das Gericht, ob die Härtegründe des Mieters im konkreten Fall schwerer wiegen als das berechtigte Interesse des Vermieters am Eigenbedarf. Hierbei werden sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigt.
Mögliche Folgen des Widerspruchs
Wird dem Widerspruch stattgegeben, verlängert sich das Mietverhältnis zunächst auf unbestimmte Zeit. In einigen Fällen kann das Gericht jedoch auch eine sogenannte befristete Fortsetzung anordnen. So soll dem Mieter zusätzliche Zeit verschafft werden, um angemessenen Ersatzwohnraum zu finden, ohne den Vermieter dauerhaft an der Durchsetzung seines Eigenbedarfs zu hindern.
Für Vermieter bedeutet dies, dass selbst eine formal und inhaltlich einwandfreie Kündigung nicht automatisch zur Beendigung des Mietverhältnisses führt, sondern stets auch soziale Schutzmechanismen zugunsten des Mieters greifen.
7. Fazit
Die Kündigung eines Mietvertrags wegen Eigenbedarfs bietet Vermietern die Möglichkeit, die eigene Immobilie selbst zu nutzen oder nahen Angehörigen zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig stellt das Mietrecht hohe Anforderungen an die rechtliche Begründung, die formale Ausgestaltung und die Berücksichtigung möglicher Härtefälle des Mieters. Schon kleine Fehler können die gesamte Kündigung unwirksam machen und zu langwierigen Streitigkeiten führen.
Um rechtlich sicher vorzugehen, sollten alle Schritte sorgfältig vorbereitet werden: von der Prüfung der Eigenbedarfsvoraussetzungen über die präzise Formulierung des Kündigungsschreibens bis hin zur Einhaltung der Kündigungsfristen und der sachgerechten Beurteilung möglicher Widersprüche des Mieters.
Sie planen eine Eigenbedarfskündigung oder benötigen Unterstützung bei mietrechtlichen Fragen? Sprechen Sie uns gerne an – wir begleiten Sie kompetent bei allen Schritten.