Eigenbedarfskündigung – Was ist zu beachten
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In der Welt der Immobilien gibt es zahlreiche Fachbegriffe und rechtliche Gegebenheiten, die für Immobilieneigentümer von Bedeutung sind. Einer dieser Begriffe, der oft zu Diskussionen und Missverständnissen führt, ist die „Eigenbedarfskündigung“. Aber was bedeutet das genau?
Eine Eigenbedarfskündigung tritt in Kraft, wenn der Vermieter die vermietete Wohnung selbst nutzen möchte oder sie für nahe Angehörige benötigt. Das bedeutet, dass der Vermieter, aus persönlichen Gründen, die Räumlichkeiten zurückfordert, die er zuvor vermietet hat. Dies ist nicht einfach eine Laune des Vermieters, sondern er muss triftige Gründe vorweisen, die das Bedürfnis nach der Wohnung rechtfertigen. Dabei geht es oft um persönliche oder familiäre Umstände, wie beispielsweise, wenn Familienmitglieder in der Nähe wohnen sollen oder wenn der Vermieter selbst aus beruflichen Gründen in die Wohnung ziehen muss.
Obwohl dies auf den ersten Blick recht einfach erscheinen mag, ist eine Eigenbedarfskündigung in der Praxis oft komplex und muss bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllen. In diesem Beitrag werden wir uns eingehend mit den Feinheiten, rechtlichen Grundlagen und Voraussetzungen dieses Themas befassen, um ein klares Verständnis zu schaffen.
1. Rechtliche Grundlagen der Eigenbedarfskündigung
Wenn man als Vermieter eine Eigenbedarfskündigung aussprechen möchte, ist es unerlässlich, sich mit den gesetzlichen Regelungen vertraut zu machen. Das deutsche Mietrecht bietet hierbei sowohl dem Vermieter als auch dem Mieter Schutz und stellt sicher, dass beide Parteien ihre Rechte und Pflichten kennen.
Gesetzliche Regelungen und Voraussetzungen:
Die Grundlage für die Eigenbedarfskündigung findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Genauer gesagt im § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Dort heißt es, dass ein Vermieter das Mietverhältnis kündigen kann, wenn er die Räume „für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts“ benötigt.
Dies klingt zunächst recht offen formuliert, jedoch bedeutet dies nicht, dass ein Vermieter willkürlich kündigen kann. Der Eigenbedarf muss ernsthaft, nachvollziehbar und auf Dauer angelegt sein. Es reicht nicht aus, die Wohnung beispielsweise nur kurzfristig für einen Verwandten zu benötigen.
Relevante Paragraphen und ihre Bedeutung:
573 BGB – Gründe für die Kündigung: Dieser Paragraph legt die allgemeinen Gründe dar, unter denen ein Vermieter kündigen kann. Neben dem Eigenbedarf gibt es auch andere Gründe wie etwa erhebliche Pflichtverletzungen des Mieters.
573a BGB – Erleichterte Kündigung: Hier geht es um eine Erleichterung der Kündigungsfristen unter bestimmten Voraussetzungen.
574 BGB – Widerspruch gegen die Kündigung: Der Mieter kann gegen eine Kündigung wegen Eigenbedarfs unter bestimmten Umständen widersprechen, wenn die Kündigung für ihn, seine Familie oder andere im Haushalt lebende Personen eine besondere Härte darstellen würde.
Es ist daher von größter Bedeutung, sich als Vermieter genau mit diesen Paragraphen auseinanderzusetzen und gegebenenfalls rechtlichen Beistand zu suchen, um sicherzustellen, dass die Kündigung rechtskräftig ist und nicht später angefochten werden kann.
2. Gesetzliche Fristen bei der Eigenbedarfskündigung

2.1 Allgemeine Kündigungsfristen nach § 573c BGB:
Bis zu 5 Jahre Mietdauer: Hier beträgt die Kündigungsfrist 3 Monate. Das bedeutet, wenn ein Mieter weniger als 5 Jahre in der Wohnung gelebt hat, muss der Vermieter die Kündigung mindestens 3 Monate vor dem gewünschten Beendigungstermin aussprechen.
Mehr als 5 Jahre, aber weniger als 8 Jahre Mietdauer: In diesem Fall verlängert sich die Kündigungsfrist auf 6 Monate.
Mietdauer von 8 Jahren oder mehr: Hier beträgt die Kündigungsfrist sogar 9 Monate.
Es ist essenziell zu beachten, dass die Frist mit dem Zugang des Kündigungsschreibens beim Mieter beginnt und nicht mit dem Absendedatum. Daher ist es ratsam, sich beim Versand der Kündigung eine Empfangsbestätigung geben zu lassen.
2.2 Besondere Beachtung der Form:
Neben den Fristen ist auch die Form der Kündigung von entscheidender Bedeutung. Die Kündigung muss immer schriftlich erfolgen. Das bedeutet, sie muss handschriftlich unterschrieben sein. Eine Kündigung per E-Mail, Fax oder SMS ist rechtlich nicht zulässig.
Die korrekte Einhaltung dieser Fristen und Formvorschriften ist nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern schützt Vermieter auch vor möglichen rechtlichen Auseinandersetzungen im Nachhinein.
3. Fälle, in denen eine Eigenbedarfskündigung nicht möglich ist
Selbst wenn der Eigenbedarf begründet und nachvollziehbar ist, gibt es dennoch Situationen, in denen eine Kündigung aus diesem Grund nicht möglich oder zumindest sehr erschwert ist. Die Kenntnis dieser Ausnahmen kann sowohl für Vermieter als auch für Mieter entscheidend sein.
3.1 Härtefallregelung:
Laut § 574 BGB kann ein Mieter Widerspruch gegen eine Kündigung einlegen, wenn diese für ihn oder seine Familie eine unzumutbare Härte darstellen würde. Das könnte beispielsweise bei schweren Krankheiten, hohem Alter oder Schwangerschaft der Fall sein. Der Mieter muss in diesem Fall aber nachweisen können, dass ein Umzug eine besondere Belastung darstellt.
3.2 Kündigungssperrfrist:
Nach eine Wohnraumumwandlung gibt es eine Sperrfrist von drei Jahren, in der der neue Eigentümer nicht wegen Eigenbedarfs kündigen darf. In einigen Städten kann diese Sperrfrist aufgrund von Milieuschutzsatzungen sogar auf bis zu zehn Jahre verlängert werden.
3.3 Vorgetäuschter Eigenbedarf:
Wenn der Eigenbedarf nur vorgeschoben ist und nicht tatsächlich besteht, handelt es sich um eine sogenannte „Scheinbegründung“. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn die Wohnung nach der Kündigung nicht wie angegeben selbst genutzt, sondern weitervermietet oder verkauft wird. Ein solcher vorgetäuschter Eigenbedarf kann für den Vermieter erhebliche rechtliche Konsequenzen haben, bis hin zu Schadensersatzansprüchen.
Für Vermieter ist es daher ratsam, vor Ausspruch einer Eigenbedarfskündigung sorgfältig zu prüfen, ob diese auch rechtlich haltbar ist und welche Risiken bestehen könnten.
4. Der Aufbau eines Kündigungsschreibens bei Eigenbedarf

Der korrekte Aufbau und Inhalt des Kündigungsschreibens ist von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass die Kündigung rechtlich Bestand hat. Hier sind einige Schritte und Inhalte, die in einem solchen Schreiben berücksichtigt werden sollten:
- Absender und Empfänger: Zu Beginn des Schreibens sollten sowohl die vollständigen Kontaktdaten des Vermieters (oder seiner Vertretung) als auch des Mieters korrekt angegeben sein.
- Datum: Das Datum des Schreibens gibt an, wann die Kündigung verfasst wurde, und ist entscheidend für die Einhaltung der Kündigungsfristen.
- Betreff: Ein klarer Betreff wie „Kündigung Ihres Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs“ gibt sofort Aufschluss über den Inhalt des Schreibens.
- Mietobjekt: Die genaue Bezeichnung des Mietobjekts (z.B. Adresse, Stockwerk, Wohnungsnr.) sollte enthalten sein.
- Kündigungsgrund: Der Grund für die Kündigung, in diesem Fall der Eigenbedarf, sollte klar und detailliert dargelegt werden. Hierbei ist es sinnvoll, genau zu beschreiben, wer die Wohnung zukünftig nutzen will und warum dieser Eigenbedarf besteht.
- Kündigungsfrist: Die Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist sollte explizit angegeben und der Zeitpunkt, zu dem das Mietverhältnis endet, konkret benannt werden.
- Hinweis auf Widerspruchsrecht: Es ist ratsam, den Mieter auf sein Recht hinzuweisen, gegen die Kündigung Widerspruch einzulegen, falls er einen Härtefall geltend machen möchte.
- Unterschrift: Das Schreiben muss handschriftlich vom Vermieter oder seinem gesetzlichen Vertreter unterschrieben werden.
Die korrekte Formulierung und Strukturierung des Kündigungsschreibens ist essentiell, um spätere rechtliche Komplikationen zu vermeiden.
5. Fallbeispiel
Eine unserer Kundinnen stand vor der Herausforderung der Eigenbedarfskündigung. Aus Datenschutzgründen wurde der Name geändert. Frau Müller ist eine 45-jährige Frau aus Sachsen-Anhalt und besitzt ein Mehrfamilienhaus und hatte vor einigen Jahren die Herausforderung, sich mit dem Thema Eigenbedarfskündigung auseinanderzusetzen. Ihr Sohn Tim, frisch mit seinem Studium in Berlin fertig, hatte einen Job in der Nähe ihres Mehrfamilienhauses angenommen und suchte nun eine Wohnung. Frau Müller wollte ihren Sohn natürlich unterstützen und zog eine Eigenbedarfskündigung in Betracht.
Trotz der klaren gesetzlichen Voraussetzungen, die den Eigenbedarf für Tim rechtfertigen würden, war Frau Müller unsicher, wie sie vorgehen sollte. Sie schätzt das gute Verhältnis zu ihren Mietern und die Vorstellung, einen von ihnen aus seiner gewohnten Umgebung zu verdrängen, bereitete ihr Kopfzerbrechen.
Anstatt jedoch sofort zur Kündigung zu greifen, entschied sie sich für den direkten Dialog. Sie sprach offen mit dem betroffenen Mieter über die Situation und bot ihm ihre Unterstützung bei der Wohnungssuche sowie eine Übernahme der Umzugskosten an. Dieser zeigte Verständnis und gemeinsam fanden sie eine Lösung, die für beide Parteien zufriedenstellend war.
Der Fall von Frau Müller zeigt, dass eine Eigenbedarfskündigung, auch wenn sie rechtlich gerechtfertigt ist, nicht ohne zwischenmenschliche Herausforderungen kommt. Doch mit dem richtigen Maß an Einfühlungsvermögen und Kommunikation können solche Situationen zu beidseitig akzeptablen Lösungen führen.
6. Fazit
Das Thema Eigenbedarfskündigung ist ein sensibles Feld, das sowohl rechtlich als auch emotional behutsam behandelt werden muss. Insbesondere wenn man, wie Frau Müller, Wert auf eine positive Mieterbindung legt. Der Umgang mit solch einer Kündigung erfordert von Immobilienbesitzern ein hohes Maß an Empathie und Verständnis, ebenso wie fundiertes Wissen über die gesetzlichen Vorgaben.
Wenn Sie als Immobilienbesitzer vor dieser Herausforderung stehen, sollten Sie stets die Auswirkungen auf die betroffene Person bedenken. Eine offene Kommunikation, wie sie Frau Müller gewählt hat, kann helfen, Missverständnisse und Konflikte zu vermeiden.
Für diejenigen, die sich unsicher in der Rechtslage fühlen oder nicht genau wissen, wie sie das Kündigungsschreiben verfassen sollen, ist es ratsam, rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Ein kleiner Fehler oder ein übersehener Paragraph können große Konsequenzen haben.
Wir, die FeSt Haus- & Grundstücksverwaltung, möchten Ihnen bei allen Fragen und Herausforderungen rund um Ihre Immobilie zur Seite stehen. Wenn Sie Unterstützung bei der Vermietung oder der Verwaltung Ihrer Immobilie benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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